Germania Schnelsen hat seinen zweiten Saisonsieg unter Dach und Fach, und konnte damit seine bis dahin durchwachsene Bilanz – 1 Sieg, 1 Unentschieden, 1 Niederlage – etwas aufpolieren. In einem sicherlich nicht immer hochklassigen, aber abwechslungsreichen Spiel war die Mannschaft aus dem Hamburger Nordwesten am Ende das glücklichere Team. So verwunderte es kaum, dass sich beide Trainer darüber einig waren, dass eine Punkteteilung am gerechtesten gewesen wäre. In einer Hinsicht konnten sich jedoch alle Akteure als Sieger fühlen. Beide Mannschaften zeigten leidenschaftlichen Offensivfußball, die Zuschauer bekamen etwas geboten, und Spielanteile und –verlauf wechselten so schnell wie das ''Aprilwetter'' an diesem Nachmittag.
Das Spiel ging gleich schwungvoll – ohne das sonst übliche Abtasten – los. Hendrik Bödecker startete an der Mittellinie ein Solo, konnte sich gegen zwei Schnelsener Verteidiger durchsetzen und zog aus etwa 15 Metern ab. Sein Flachschuss ging links am Tor vorbei (2.). Nur vier Minuten später konnte Fabio Ansaldo TuS-Spieler Karsten Barth in der Nähe der Eckfahne den Ball abluchsen, aber seiner Hereingabe entsprang nur ein Eckball für die Bönningstedter (6.). Auf der anderen Seite war es zunächst weniger bedrohlich, Torhüter Alexander Balbach musste lediglich bei Flanken von Mike Bourbonus und Andreas Thiessen eingreifen (9.;10.). Dann führte Benjamin Koch einen Freistoß aus – auch kein echtes Problem für Balbach (16.) Die 19. Minute: Beim SVR spielte Daniel Drews einen Traumpass auf Barth, und dem gelang eine Aktion à la Wembley, sein Schuss tropfte also von der Unterkante der Latte zurück auf den Rasen. Frank Meyer reagierte am schnellsten – das 0:1.
Wie würde die Antwort der Gastgeber ausfallen? Zunächst mal hatten sie Dusel, dass sie in voller Mannschaftsstärke weitermachen durften. Bei härterer Regelauslegung hätte Koch für seinen Angriff von hinten auch Rot sehen können. So beließ es Schiri Zibull noch mal bei einer gelben Karte (21.). Rugenbergen dagegen spielte weiter munter nach vorne: Lennert Behrends Pass sollte zu Barth kommen, doch Matthias Jahnke im TuS-Tor klärte per Fußabwehr (24.), dann spitzelte Sven Kuzel die Kugel noch im letzten Moment weg. Thiessen hätte sonst freie Bahn zum 0:2 gehabt (26.). Und dann kam endlich die Reaktion von Germania. Von links gab Alex Krohn den Ball nach innen, Andreas Steinberg hatte nur noch Balbach vor sich, der Keeper parierte den Schuss aus kürzester Distanz. Nachschuss von Thiessen – vorbei (34.). Dann wurde Oliver Engl in guter Position anvisiert, konnte jedoch im letzten Moment daran gehindert werden, auf den Kasten abzufeuern (36.). Der Ausgleichstreffer lag in der Luft...und wurde Wirklichkeit. Zuckerpass von Steinberg auf Dennis Masurat, die gesamte SVR-Abwehr pennte, Masurat hatte nur noch Balbach vor sich und traf – 1:1 (38.). Jetzt waren die Hausherren voll da. Thiessen flankte nach innen, erst verpasste Krohn das Leder, dann jagte Steinberg die Pille übers Tor (42.). Auf der Gegenseite sahen die Zuschauer noch mal einen Distanzschuss von Ansaldo, der aber Jahnke keine Schwiergkeiten bereitete. Mit 1:1 ging' s in die Kabine.
Der zweite Durchgang begann mit einem Paukenschlag. Wieder war Steinberg, der für diese Partie von Trainer Holger Menzel in den Sturm beordert worden war, glänzender Vorbereiter. Auf der linken Seite setzte er sich toll durch und legte in die Mitte, wo Thiessen heransprintete. Thiessen zog ab, riss die Arme hoch und lief gleich zu Steinberg, denn er wusste, wem er dieses Tor zu verdanken hatte. 2:1 für Schnelsen (47.). Das Spiel wurde noch lebendiger, teilweise entwickelte sich sogar ein offener Schlagabtausch. Gleich nach Wiederanstoß kam auf der anderen Seite Ansaldo im 16er zu Fall, das Spiel lief jedoch weiter, und Barth besaß die große Gelegenheit zum Ausgleich – der Ball flog am Tor vorbei (48.) Und dann bewies Börje Scharnberg ein gutes Auge und ein noch besseres Ballgefühl. Sein tödlicher Pass erreichte Meyer, und der durfte zum zweiten Mal jubeln – erneuter Ausgleich in der 56. Spielminute.
Was Scharnberg kann, kann ich auch, sagte sich Hendrik Dierks, und spielte Daniel Brehmer frei, der in einer 1 gegen 1- Situation nur noch Jahnke vor sich hatte. Vielleicht hatte sich Brehmer das Spielobjekt etwas zu weit vorgelegt, Jahnke war jedoch auch glänzend zur Stelle und entschied das Duell zu seinen Gunsten (60.). In der nächsten Szene im TuS-Strafraum wurde Barth gelegt, doch die Pfeife des Schiedsrichters blieb stumm. Es war wohl ein Elfer der Sorte ''kann man, muss man aber nicht geben'', verständlich war aber auch der Unmut unter den SVR-Verantwortlichen nach diesem Vorfall (61.). Allzuviel Zeit blieb jedoch nicht zum Lamentieren. Schon drang Barth über links wieder in den 16er ein, blieb mit seinem ersten Schussversuch hängen und setzte den zweiten nur knapp rechts vorbei (64.). Auch Dierks war wenig später der Erfolg nicht vergönnt (73.). Der Regen setzte ein, aber nun kam auch wieder Schnelsen, vor allem in Person von Thiessen. In der 76. kam er nur einen Schritt zu spät, sonst wäre das Tor bloße Formsache gewesen, dann versuchte er eine Drehung zuviel, anstatt gleich den Abschluss zu suchen (77.), und schließlich waren seine Bemühungen doch noch von Erfolg gekrönt. Über halbrechts setzte er sich herrlich durch, ließ die Bönningstedter Abwehr einfach stehen und traf ins linke Eck – 3:2, Germania war wieder vorne (79.).
In der 82. Minute gab es Szenenapplaus von den Schnelsener Anhängern, als der zweifache Torschütze vom Platz ging. Noch hatten die Gastgeber aber einige bange Minuten zu überstehen. Malte Pfennig konnte vor Dierks klären, bevor es vor dem Tor brenzlig geworden wäre. Doch für Schnelsen ergaben sich jetzt auch Konterchancen. Steinberg legte zurück auf den eingewechsechselten Marcel Buchmann – der Ball zischte über das Tor – eine Riesengelegenheit (84.)! Nochmals Steinberg auf Joker Pietro Ardente, und dessen Versuch ging rechts am Tor vorbei, war allerdings noch abgefälscht worden (88.). In den letzten Minuten – wegen einer Verletzungsunterbrechung ließ Zibull drei Minuten nachspielen – erhöhte der SV Rugenbergen noch einmal den Druck, und schnürte TuS in der eigenen Hälfte ein. Mehr als ein (ungefährlicher) Schuss durch Patrick Perret sprang aber für die Gäste nicht mehr heraus – es blieb beim knappen Erfolg für Germania Schnelsen
Stimmen:
Holger Menzel (Trainer TuS Germania Schnelsen): Von den Torchancen wäre ein Unentschieden sicherlich gerecht gewesen. Es war ein typisches Derby. Sicherlich kein gutes Verbandsligaspiel, aber ein spannendes, das hin und her wogte. Wir sind froh über die drei Punkte, damit haben wir uns ein Stück Luft verschafft. Thiessen war mit seinen zwei Dingern natürlich herausragend, ansonsten hat mir Masurat noch gut gefallen. Im Abwehrbereich – einschließlich Hardekopf als Libero – standen wir alles andere als sicher. Steinberg habe ich heute in die Spitze gestellt, das hat den Gegner doch etwas verwirrt. Er war sehr agil, und das hat sich auch bezahlt gemacht.
Thomas Buchauer (Trainer SV Rugenbergen): Beide Teams haben sehr offensiv agiert, Chancen waren auf beiden Seiten da – ein Unentschieden wäre verdient gewesen. Wir haben dem Gegner durch drei individuelle Fehler seine drei Tore ermöglicht, das ist natürlich bitter. Auf der einen Seite haben wir nach vorne sehr beweglich gespielt, auf der anderen Seite hauen wir uns das hinten wieder kaputt. Das war auch gegen den VfL 93 und gegen Paloma so, dass wir hinten immer in Schwierigkeiten geraten sind. Daran müssen wir arbeiten! Ich beobachte aber auch, dass wir uns nach Rückschlägen immer wieder hochziehen. Der Charakter der Mannschaft stimmt also. Wir sollten auch nach Niederlagen wie heute sehen, dass wir im Grunde mit jedem Gegner mithalten können. Eine ganz tolle Saison spielt bislang Frank Meyer, heute ja auch zweifacher Torschütze. Seine Sache sehr gut macht zur Zeit unser Ersatzkeeper Alexander Balbach. Das 3:2 ging zwar durch die Beine, das kann aber auch einem Olli Kahn mal passieren.
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