Lange schien das Duell der Sasel-Verfolger ohne Sieger bleiben zu müssen. Nach 90 kräftezehrenden Minuten und einer temporeichen sowie attraktiven Begegnung ging bereits die Friedenspfeife umher, die Zuschauer hatten genug gesehen und wandten sich der analytischen Nachbetrachtung zu. Doch als der eingewechselte Philip Lojewski einen ebenso sehenswerten wie ungehinderten „Sonntagsspaziergang“ durch die Pinneberger Hälfte startete, blieb den Fachleuten nichts anderes übrig, als die bereits spruchreifen Formulierungen über Bord zu werfen. Umso mehr, als auch der folgende Angriff in einem Luruper Treffer endete, Eugen Helmel – ebenfalls „Teilzeitarbeiter“ – einen Konter nach Zuspiel von Gian-Pierro Carallo zum Endstand abschloss.
Bitter für den VfL und mehr noch eine Bestätigung der guten Form der Gäste. Selbst wenn in der vorangegangenen Partie vieles (noch) nicht rund lief, ist die Elf von Trainer Oliver Dittberner momentan unbedingt der ärgste Widersacher des TSV Sasel. Mentalität und Wille, trotz kaum verbliebender Spielzeit auf fremdem Geläuf einen „Dreier“, zumal in Pinneberg, erzwingen zu wollen, nötigen Respekt ab. Wenn darüber hinaus Dittberners Einwechslungen derartig fruchten, ist schnell verdrängt, dass der VfL in der Anfangsphase sowie über weite Strecken nach dem Seitenwechsel die bessere Mannschaft stellte. Schnell und kombinationsstark agierten die Bliemeister-Mannen, mitunter zu schnell für den SV Lurup, der sich weit zurückfallen ließ und der Dinge harrte, die da kommen würden. Zunächst war dies ein Freistoß des besten Akteurs der Gastgeber, Marcus Schwoy. Jeder, inklusive Torwart Marco Koch, rechneten mit einer Flanke aus „unmöglicher Position“ unweit der Seitenauslinie. Doch Schwoy zog den Ball direkt aufs Tor und überlistete den verdutzten Luruper Schlussmann zum 1:0. Erst als Rechtsverteidiger Sven Blunck ein ähnlich kurioser Kunstschuss mit Hilfe eines abfälschenden Abwehrbeines gelang, bekamen die Jungs von der Flurstraße spürbar Oberwasser. Nun verstärkte man die Offensivbemühungen, blieb aber im Abschluss zumeist harmlos. Mit Ausnahme der 45. Minute. Sie sehen schon: Holt der Schiedsrichter bereits Luft zum Abpfiff, heißt es „Aufgepasst!“, entwickeln die Luruper besondere Torgefahr. Eine Carallo-Maßflanke köpfte der aufgerückte Marco Esbruch über die Linie, nachdem er zuvor den Angriff eigens eingeleitet hatte. „Muss man sich denn um alles selbst kümmern?“, mag der 27-Jährige gedacht haben.
So plötzlich die Überlegenheit des SV Lurup aufgekommen war, so zügig verflüchtigte sie sich im zweiten Spielabschnitt. Ob es am insgesamt niedrigeren Niveau lag? Wohl kaum. Eher ist das Wiedererstarken Pinnebergs als Begründung aufzuführen. Auch wenn manch einer die Begegnung nach einem Abseitstor durch Carallo (47.) bereits entschieden sah: Die Platzherren ließen erneut Spannung aufkommen, als Daniel Stars eine Ecke zum Ausgleich nutzte. Eine Chance durch Nevzet Arifi (74.) sowie eine Jens Suaidys (85.) sollten lediglich den Vorlauf für einen nicht mehr für möglich gehaltenen Schlussakkord bilden. Wäre es beim Remis geblieben, keiner der Beteiligten hätte sich ernsthaft grämen oder gar Vorwürfe machen können. Das Ergebnis schien zementiert, doch was lernen wir aus diesen Ereignissen? Wehe man schreibt den SV Lurup ab, bevor Blunck, Carallo & Co. auch tatsächlich unter der Dusche stehen.
Stimmen:
Thomas Bliemeister (Trainer VfL Pinneberg): Wir haben in den ersten 20 Minuten gut begonnen und haben sicher verdient geführt. Wir hätten das 2:0 machen können, bekommen aber unglücklich den Ausgleich. Danach haben wir den Faden verloren, und Lurup hat das Heft in die Hand genommen und ist 2:1 in Führung gegangen. In der zweiten Halbzeit ging es hin und her. Ein 2:2 wäre gerecht gewesen. Es ist dann leider so, dass wir in der letzten Minute nicht aufgepasst haben. Wir mussten gewinnen und mussten mehr riskieren. Der Abstand zur Spitze wird immer größer. Es ist kaum noch möglich, unser Ziel zu erreichen.
Oliver Dittberner (Trainer SV Lurup): Wir haben in der zweiten Halbzeit nicht so gut gespielt und haben das Spiel ein bisschen aus der Hand gegeben. In der ersten Halbzeit waren wir bestimmend. Wir haben in der 45. Minute das wichtige 2:1 gemacht. Dann mussten wir in die Halbzeit, waren gerade in Euphorie. Die Pause hat dann einen kleinen Bruch zufolge gehabt. Wir sind nicht gut aus der Halbzeit gekommen, haben ein blödes Gegentor bekommen. Dann haben wir uns trotzdem wieder gefangen, obwohl wir im Sturm zu oft die Bälle verloren haben. Wenn man auswärts 4:2 gewinnt, dann ist das in Ordnung. Und wenn man 21 Punkte aus neun Spielen holt, gehört man sicherlich mit zum Favoritenkreis, aber da ist nichts schlimmes dran, das war uns vorher klar.
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